Ringvorlesung: Digitalisierung der Demokratie
Was gut werden soll, braucht Zeit. Zugegeben, wir bzw. ich bin etwas spät dran. Umso mehr freue ich mich, zum Wochenende auf eine Veranstaltungsreihe hinzuweisen, welche ich im Auftrag der Universität Hamburg organisieren durfte. Kommende Woche, am 24.10. um 18 c.t. Uhr startet die öffentliche Ringvorlesung „Digitalisierung der Demokratie– Politische Kommunikation im digitalen Zeitalter: Propaganda 4.0?„
Der Titel ist natürlich stereotyp lang und sperrig. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass alle im Titel genannten Punkte auf eine der zentralen Kernfragen unserer Zeit abstellen, nämlich: Was macht das Internet mit der Demokratie?
Nicht nur die Medien, sondern auch der politische Diskurs haben sich unter Einfluss der Digitalisierung erheblich verändert. In Europa erstarkt die neue Rechte, Populisten an beiden Rändern des politischen Spektrums versuchen, mit unterkomplexen Lösungsansätzen Wählerstimmen zu gewinnen und neue Lager zu bilden.
Gleichzeitig ermöglichen Daten und entsprechende Analyseansätze eine bisher unbekannte Form der Kampagnenführung. Potentielle Wählergruppen werden hochauflösend erfasst, die Verbindung digital gewonnener Daten mit Erfahrungen aus beispielsweise dem Haustürwahlkampf ergeben Aufschluss über Mobilisierungspotentiale. Politische Kampagnen sind dabei stets ein Spiegelbild des gesellschaftlichen Klimas, umgesetzt mit den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit. Das ist nichts neues.
Die Diskussion um den vermeintlichen Einfluss digitaler Kommunikation auf politische Prozesse reißt dabei auch im Jahr 2018 nicht ab. Die öffentliche Debatte um diese und verwandte Ansätze und Themen ist eine, die oft hysterisch und fern von fundierten, wissenschaftlichen Befunden geführt wird. Denn: Der vermeintliche Einfluss von Micro-Targeting und „Big Data“ auf politische Prozesse in Demokratien ist mit Nichten wissenschaftlich belegt.
Hier setzt die Ringvorlesung der Universität Hamburg zum Wintersemester 2018/2019 an. Vom 24.10. bis zum 19.12.2018 wird in 8 Sitzungen der Versuch unternommen, sich dem Komplex aus digitaler Öffentlichkeit, Demokratie, Wahlkampf und Manipulation von unterschiedlicher Warte aus zu nähern.
Die Vorträge beleuchten die aktuelle Forschung zur Veränderung des öffentlichen Diskurses durch digitale Medien (Vorträge u.A.: Prof. Dr. Christoph Bieber, Dr. Jan-Hinrik Schmidt, Simon Kruschinski) und diskutieren wie sog. neue Medien von unterschiedlichen Akteuren strategisch verwendet werden (Vorträge u.A.: Carline Mohr, Carsten Ovens, MdHB CDU).
Des Weiteren werden VertreterInnen aus der angewandten Wahlkampf- und Campaigning-Praxis (Vorträge: Martin Fuchs, Dr. Christof Biggeleben) zur Rolle von Algorithmen und Social Media-Strategien im vergangenen Bundestagswahlkampf, sowie in aktuellen Landtagswahlen referieren. Schließlich treffen in einem Abschluss-Panel VertreterInnen aus Wissenschaft und Praxis aufeinander, um gemeinsam einen Blick in die Zukunft des Wahlkampfes in Deutschland zu werfen. Ich freue mich darauf mit folgenden Gästen zu diskutieren: Gyde Jensen, MdB, FDP; Ann Cathrin Riedel, LOAD e.V.; sowie die beiden Politikberater Martin Fuchs und Johannes Hillje.